Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Beitrag überhaupt schreiben soll oder lieber nicht.
Zum einen ist es doch etwas sehr Persönliches und zum anderen bin ich nicht gerade stolz darauf.
Ich schaffe es aber auch nicht wirklich, das ganze zu verarbeiten – und dann hilft mir aufschreiben in der Regel.
Aber von Anfang an:
An einem Montag Ende Februar fühlte ich mich sehr schlecht und habe mit starken Schmerzen die Arbeit abgebrochen und bin nach Hause gefahren. Mein Hausarzt war telefonisch nicht zu erreichen (besetzt bzw. Warteschleife) und vor Ende der offenen Sprechstunde hätte ich es nicht mehr rechtzeitig geschafft dort zu sein.
So habe ich versucht über die 116 117 eine Alternative zu finden. Man riet mir zur Notaufnahme und hat auch gleich aufgrund der beschriebenen Symptome einen RTW los geschickt. Gefahren wäre ich mit den Schmerzen sowieso nicht selber, hätte aber doch lieber ein Taxi genommen.
Also gut: Fahrt im Rettungswagen (ohne Blaulicht – also nicht so ernst) nach kurzer Untersuchung und Schmerzmittelgabe in die Notaufnahme. Dort weitere Untersuchungen, Blutabnahme, weitere Medis. Eine nicht ganz leichte Infektion mit Entzündung. Und man hätte mich gerne zur Beobachtung für mind. 1 Nacht da behalten. Aber es kam anders…
So lag ich da im Untersuchungsraum, auf die Blutergebnisse und ein freies Bett wartend. Mir ging es nach den Medikamenten etwas besser und ich kam ein wenig zur Ruhe.
Trotzdem eine unangenehme Situation in einer unbekannten Umgebung (kleiner, fensterloser Raum). Nachdenken über die Situation, fremde Menschen, ungewohnte Geräusche und Gerüche. So viele Reize – Telefone klingeln irgendwo, Schritte auf dem Gang, unsymmetrisch angebrachte Deckenleuchten, Lüfterrauschen vom PC, usw.
Plötzlich Herzrasen, Schweißausbruch, Hyperventilieren, das Gefühl eingesperrt zu sein, Nervosität, Unruhe, Flucht-Reflex. Eine Panikattacke aus dem Bilderbuch. Ich will hier raus! Sofort!
Also den Klingelknopf gedrückt und es kaum auch sofort jemand. Ich habe versucht, meine Situation zu erklären (so gut, wie ich das in dem Augenblick konnte), dass ich raus an die frische Luft möchte, um durchzuatmen und mich zu beruhigen. Mir wurde Wasser angeboten.
Ich brauche kein Wasser – ich muss raus aus der Enge, ich will den Himmel sehen. Zur Not tut es auch ein offenes Fenster. Man bot mir Sauerstoff an.
Ich brauche keinen Sauerstoff – ich hyperventiliere, das heißt, ich habe eigentlich zu viel Sauerstoff. Ich brauche Ruhe und Platz, will mich beruhigen. Man öffnete die Tür, damit ich den Gang sehen konnte.
Ich brauche Ruhe und Platz. Eine offene Tür, die noch mehr Reize und Unruhe hereinlässt, ist da kontraproduktiv. Inzwischen war auch ein Arzt da, der mir ein Beruhigungsmittel anbot.
Ich brauche kein Beruhigungsmittel. Ich will doch nur mal kurz vor die Tür, den Himmel sehen, ein Gefühl von Freiheit spüren, kurz durchatmen und meine Gedanken sammeln. Nein, das geht jetzt nicht.
Inzwischen konnte ich nicht mehr klar und rational denken. Ich will hier raus! Ich will hier verdammt nochmal raus!! Ich muss nach draußen vor die Tür! Ich gehe nach Hause! Sofort!
Natürlich wäre das möglich, aber dann müsste ich dafür unterschreiben, dass ich gegen ärztlichen Rat gehe. Gib her den Wisch, ich unterschreibe alles! Ich muss hier raus!!
Endlich draußen. Endlich frische Luft. Endlich Platz. Endlich Ruhe.
Ein Stück vom Eingang entfernt, um eine Ecke fand ich einen ruhigen Platz und setzte mich dort auf die Kante eines Blumenkübels.
Es hat nur 5 Minuten gedauert, bis ich mich beruhigt hatte und es mir (abgesehen von der Infektion) wieder gut ging. Ich habe überlegt, ob ich vielleicht wieder reingehen sollte, habe mich dann aber doch fürs Taxi nach Hause entschieden.
Das war nicht meine erste Panikattacke und inzwischen weiß ich eigentlich auch recht gut die Anzeichen dafür zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern. Aber das hat in dieser Situation nicht geklappt.
Es fängt in der Regel damit an, dass ich das Gefühl von “zu viel” und “weg wollen” habe – ist aber in dieser Situation wohl eher normal; wer ist schon gerne in der Notaufnahme?
Dann steigt meisten mein Puls. Der war aber aufgrund der Infektion eh schon viel höher als normal.
Mir wird dann warm und ich fange an zu schwitzen. Das fällt aber bei 40°C Fieber nicht wirklich auf.
Das ist normalerweise spätestens der Punkt, an dem ich mich zurückziehe, Ruhe suche und durchatme – bevorzugt an der frischen Luft. War hier ja nicht so wirklich möglich.
Dann wird alles zu viel und zwar viel zu viel. Das Denken setzt und ich muss weg.
Es endet dann mit Weinkrämpfen und auf dem Boden zusammenkauern, bis sich der innere Druck abgebaut hat. Zum Glück ist mir dieses Stadium erspart geblieben.
Ich weiß, es war keine kluge und rationale Entscheidung, das Krankenhaus zu verlassen. Aber das war mir in dem Augenblick wirklich egal.
Ich denke, das Personal in der Notaufnahme hat auch die Situation nicht so optimal gehändelt – auf der anderen Seite habe ich ihnen das auch bestimmt nicht grade leicht gemacht und hätte mich vielleicht ein wenig freundlicher ausdrücken können. Ich mache den Damen und Herren keinen Vorwurf, die machen dort einen verdammt stressigen Job und ich bin dankbar, dass es diese Menschen gibt.
Ich bin unzufrieden mit mir, wie das abgelaufen ist. Ich versuche daraus zu lernen, meine Trigger zu finden und zu erkennen. Ich muss wissen, was mir gut tut und was nicht und ich muss rechtzeitig richtig darauf reagieren.
Vielleicht bin ich grade auch ein wenig zu selbstkritisch mit mir, aber ich möchte auch, dass ich in Zukunft in so einer Situation besser und eher reagiere, auch wenn es nicht die Notaufnahme ist.