Wie jetzt, mehr Lesen? Nimm dir halt nen Buch und gut ist.
Im Prinzip eine gute und simple Idee, doch leider ist es bei mir nicht ganz so einfach und um das zu erklären, muss ich ein klein wenig ausholen:

Lesen in der Kindheit
Ich wahr schon seit meiner Kindheit ein Bücherwurm, eine Leseratte, hatte sehr oft lieber die Nase in einem Buch, anstatt draußen mit den anderen Kindern zu spielen.
Ich habe einfach alles um mich herum vergessen und bin in wunderbare Welten und Geschichten versunken, war wirklich dabei und mittendrin.
Das habe ich beibehalten und so im Schnitt 1-2 Bücher pro Woche gelesen, meist so um die 400-700 Seiten. Natürlich gab auch immer mal wieder Tage, Wochen oder gar Monate, in denen ich keine Lust oder keine Zeit zum Lesen hatte. Aber 50-60 Bücher pro Jahr waren es immer.

Änderung der Prioritäten
Dann habe ich mich 2017 dazu entschlossen, noch einmal die Schulbank zu drücken und berufsbegleitend meinen Handwerksmeister zu machen. Dazu die Vorbereitung auf die Selbständigkeit. Da haben sich natürlich die Prioritäten verschoben und ich hatte so gut wie keine Zeit mehr zum Lesen. Und wenn, dann waren es technische Fachbücher, Vorschriften, Normen und Gesetze – nicht wirklich eine mitreißende und entspannende Lektüre. Aber es sollte sich nur um einen überschaubaren Zeitraum handeln und ein paar wenige Bücher (vielleicht 10) habe ich in diesen 3,5 Jahren dennoch gelesen.

Rückschläge und andere Dinge
Danach normalisierte sich  mein Leben wieder etwas und ich fing wieder an Bücher zu lesen und zu genießen. Doch dann erkrankte meine Mutter schwer und ich musste (wollte) mich um sie kümmern und für sie da sein. Also wieder keine Zeit zum Lesen. Im Juni 2021 dann verstarb meine Mutter, was mich sehr getroffen hat und ich fiel in eine tiefe und lange Trauerphase. Alles war egal und Bücher uninteressant.

Die Trauer, der Stress und der Verlust meiner Ziele und Strukturen führten dann Mitte 2022 zum Zusammenbruch (BurnOut). Ich wollte mich mit Lesen ablenken, wieder in die fiktiven Welten eintauchen und alles um mich herum vergessen. Es ging nicht. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Ich wusste nicht mehr, was ich 2 Sätze vorher gelesen habe, konnte einfach nicht in die Story rein finden. Auch bei mir bekannten Texten, meinen Lieblingsbüchern, ging nichts mehr – vielleicht mal 2 oder 3 oder auch 5 Seiten, dann war Schluss. Ich fühlte mich vollkommen überfordert und gestresst von etwas, was ich mein Leben lang geliebt habe.

Resignation
Und so gab ich irgendwann die Versuche auf, meine Nase wieder in Bücher zu stecken. Eine wirklich schwere und sehr schmerzhafte Entscheidung, denn das Lesen fehlte mir wirklich sehr.
Ja, natürlich versuchte ich gelegentlich mal wieder einen Blick in ein Buch zu werfen, aber eher halbherzig und ohne wirklichen Erfolg. Meine Versuche mit Hörbüchern waren auch nicht das Wahre, denn damit bin ich auch vorher schon nicht warm geworden.

Zaghafte Rückkehr zum Buch
Eher zufällig wurde ich im August 2023 bei einer Unterhaltung mit einer sehr guten Bekannten auf ein Buchtitel aufmerksam und der Klappentext weckte eine lange nicht mehr gespürte Begeisterung in mir. Innerhalb weniger Wochen las ich gleich 2 Bände dieser Trilogie (Teil 3 noch nicht erschienen). Es hat mich wieder gefesselt und in denn Bann gezogen. Die lang vermisste Gefühl, in andere Welten einzutauchen und mit den Protagonisten der Geschichte mitzufiebern, war wieder da.
Doch nach diesen 2 Büchern war auch schon wieder Schluss – ich hatte keinen Nachschub. Außerdem war da auch ein wenig Angst, dass es mit der Konzentration wieder nicht klappt, ich enttäuscht bin und mich wieder selber runter ziehe.

Mein Ziel für 2024: mehr Lesen
Ich habe lange und intensiv überlegt, wie ich es schaffe, wieder mehr zu Lesen und dabei nicht enttäuscht zu werden. Also habe ich mich für ein Buch (bzw. eine Reihe) entschieden, das ich interessant finde und mit dem ich es schon einmal versucht habe. Durch das erwähnte Schaffen von neuen/alten Strukturen in meinem Leben, bin ich dabei, mir selber viel Druck und Stress abzunehmen. Und so plane ich jetzt einfach Lesezeit an 2-3 Tagen die Woche ein. Zeit, in der ich wegen meiner Strukturen nicht darüber nachdenken muss, was ich vergessen habe und was ich noch erledigen muss. Ich habe die Zeit.
Natürlich will ich es nicht übertreiben und mich damit auch nicht unter Druck setzen. Daher mein Ziel für 2024: 6 Bücher lesen – wenn es klappt und vielleicht sogar mehr werden, freut mich das. Und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.

Spoiler:
Ich habe am 8. Januar mit meinem ersten Buch angefangen und bisher bereits 250 von 480 Seiten gelesen. Es macht mir Freude, wieder mittendrin zu sein in der Geschichte. Ich habe es vermisst und es tut so unheimlich gut. Wenn es weiterhin so gut läuft, sehe ich sehr gute Chancen, mein Ziel zu erreichen.