Neben Rechnungen und Werbung findet man meist nicht viel im Briefkasten vor. Dinge, die einem Freude bereiten, wie z.B. Gruß- und Glückwunschkarten, haben da schon einen Seltenheitswert. Aber auch diese habe ich eine wirklich lange Zeit als unnötig und überflüssig empfunden. Das hat sich jedoch geändert:

Unverständnis für Karten
Es fing wohl irgendwo in der Kindheit an. Klar, als Kind sind einem grade zum Geburtstag und zu Weihnachten die Geschenke wichtiger als eine Karte, auf der „von Oma“ steht – Motiv hin oder her.
Das hat sich irgendwie nie wirklich bei mir geändert. Teilweise habe ich die Karten nicht einmal mehr aus den Umschlägen genommen und gelesen. Kuvert auf, Geld oder Gutschein raus gefischt und den Rest entsorgt. Das hat sich mein Umfeld gemerkt und irgendwann auf die Karten verzichtet.
Was Grußkarten (z.B. aus dem Urlaub) angeht, wurde mir das negativ vorgelebt. Genau wie ich heute, hatte auch meine Eltern nie wirklich einen großen Freundeskreis und auch der Kontakt zur Familie/Verwandtschaft war eher kühl und distanziert. Wenn sich dann mal so ein Urlaubsgruß in unseren Briefkasten verirrte, heißt es meist „Sonst können Die sich auch nicht melden, dann müssen Die uns jetzt auch nicht unter die Nase reiben, dass Die sich einen 10-Tage Urlaub in XYZ leisten können.“ und die Karte wanderte ins Altpapier oder den Ofen.
Aus eben diesen Gründen habe auch ich so gut wie nie Gruß- und Glückwunschkarten geschrieben.

Die Karte, die alles veränderte:
Letztes Jahr im März war ich wenige Tage vor meinem Geburtstag zu Besuch in Berlin bei einem lieben Menschen aus meiner Twitter-Timeline. Zum Abschied wurde mir eine kleine Tasche in die Hand gedrückt mit dem Hinweis, den Inhalt nicht vor meinem Geburtstag zu öffnen. Mein erster Gedanke: „Na toll, wieder so eine unnütze Karte und vermutlich irgendwas Schokoladiges.“
Also hatte ich auch nicht wirklich die Neugier nachzuschauen, was mich da erwartet. Trotzdem hat mich die 2 Tage ein Gedanke nicht mehr losgelassen: Wieso macht sich ein Mensch, mit dem ich bisher nicht wirklich viel interagiert habe, die Mühe, mir ein Geschenk und eine Glückwunschkarte zu besorgen. Ich habe das nicht erwartet und mein Gegenüber hatte auch keinen Grund sich dazu verpflichtet zu fühlen.
An meinem Geburtstag war dann doch eines der ersten Dinge, den Inhalt dieser Tasche auszupacken und näher zu untersuchen. Neben 2 kleinen Päckchen Schnapspralinen (ich hatte mal erwähnt, dass ich diese Sorte mag) und einem Gutschein, kam auch eine Glückwunschkarte zu Tage. Mit ein paar persönlichen Worten. Handgeschrieben. Das hat mich in dem Augenblick so dermaßen gefreut, dass mir tatsächlich ein paar Tränchen in die Augen schossen. Jemand möchte mir eine Freude machen; aus eigenem Antrieb, ohne Verpflichtung. Das kannte ich gar nicht bzw. habe es nie so gesehen.
Ich will nicht sagen, dass mir Gutschein und Pralinen egal waren, aber sie waren mir in dem Augenblick lange nicht so wichtig wie die Karte.
Ich habe mich lange, lange nicht so über etwas so von Herzen gefreut, wie über diese Karte.
Als ich kurz drauf auch noch einen Anruf zum Geburtstag von eben diesem lieben Menschen bekam, musste ich mich echt zusammenreißen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen.
Ich glaube, ich konnte der Kartenschreiberin bisher nicht wirklich vermitteln, wie viel mir diese Karte bedeutet (sie hat einen Ehrenplatz in meiner Vitrine gefunden – also die Karte).

Selbstexperiment
Nach diesem positivem Erlebnis, wollte ich auch selber anderen Menschen auf diese Art eine Freude machen. Passenderweise hatten kurz darauf im April gleich 2 liebe Menschen Geburtstag, so dass ich mein Vorhaben direkt in die Tat umgesetzt habe. Ich habe mir bei der Kartenauswahl Mühe gegeben und etwas persönlich passendes gewählt. Und auch die Glückwünsche individuell und von Herzen formuliert und das Ganze mit einem kleinen Geschenk per Paket auf den Postweg gebracht.
Ich habe ehrlich gesagt nicht mit mehr als ein „Dankeschön“ gerechnet, aber die Rückmeldungen fielen wesentlich umfangreicher aus. Diese ehrliche Freude und Überraschung, die mir als Reaktionen entgegengebracht wurden, haben mich wiederum überrascht und sehr berührt. Es macht wirklich eine riesen Freude anderen Menschen eine Freude zu machen.
Warum nur habe ich das so viele Jahre nicht erkannt?

Weitere Karten
Ich bin auf den Geschmack gekommen und freue mich über Gruß- und Glückwunschkarten – egal, ob ich welche bekomme oder ich welche verschicken darf. Ab und zu fragt jemand in meiner SocialMedia-Bubble, wer eine Karte aus dem Urlaub oder zu den gängigen Feiertagen haben möchte. Habe ich früher nie verstanden, mittlerweile habe ich das aber einfach mal versucht. Und siehe da: Auch, wenn ich weiß, dass eine Karte zu mir unterwegs ist, freue ich mich riesig darüber und auch über die persönliche Botschaft, die drauf steht. Und auch anders herum, wenn ich Karten verschicke, freue ich mich über die positiven Reaktionen darauf.
Grade zu Weihnachten haben mich ein paar so liebe Karten mit so lieben Worten erreicht – es war und ist mir eine wahre Freude. Und auch die Freude und Dankbarkeit, die mir auf die von mir verschickten Weihnachtskarten entgegengebracht wurde, hat mich wirklich sehr gefreut.

An dieser Stelle nochmal ein riesiges Dankeschön an alle Menschen, die mir inzwischen Karten geschickt habe und/oder denen ich Karten schicken durfte. Danke.

Karten? Karten!
Wenn Ihr mir also mal eine Karte schreiben wollt oder vielleicht sogar eine von mir bekommen wollt, meldet Euch gerne. Es würde mich freuen.